Ein Jahr ohne Therapie

Vor fast einem Jahr hatte ich das aller letzte Gespräch bei der Therapeutin. Termine zur Rückfallprophylaxe haben wir ja nur zwei oder drei gemacht, weil sie das Gefühl hatte, dass ich das gar nicht nutzen kann und sie auch nicht mehr an mich ranlasse.

Seit einem Jahr spreche ich also kaum noch darüber wie es mir geht. Nach einem vollkommenen Tiefpunkt habe ich im September zumindest mit der Psychiaterin mal geredet, naja eigentlich habe ich per Mail um einen Termin gebeten und ihr dann einen Zettel gegeben, weil ich unfähig war darüber zu sprechen wie es mir geht. Wir haben die Tabletten höher dosiert und ich habe für Notfälle Tavor bekommen und hatte einige Termine in kürzeren Abständen bei ihr. Es hat sich ein bisschen eingependelt und ich habe aufgehört durchgehend daran zu denken nicht mehr leben zu wollen. Es hat sich eingependelt, aber auf dem Level „mäßig scheiße“, also weit weit weg von gut.

Wenn ich jemals etwas in der Therapie erreicht hatte, dann ist es mittlerweile längst wieder hinfällig. Ich kann immernoch nicht um Hilfe bitten und nicht darüber sprechen wie es mir geht. Ich schreibe mit einem Freund (D.) darüber wie es mir geht, aber reden kann ich auch mit ihm nicht, obwohl er fast alles weiß. Es laut auszusprechen tut zu weh, es auszusprechen macht es zu real, macht es unerträglich. Ich habe mich im letzten Jahr so oft krank gemeldet, war so oft vollkommen unfähig zu arbeiten oder auch nur ein bisschen Alltag hinzubekommen.

Gestern hatte ich einen Termin bei der Psychiaterin und wie auf Autopilot habe ich alles heruntergespielt, aber allgemein wenig geredet. Es hat sich nichts geändert, die Mauern um mich herum stehen wieder. Ich fühle mich so allein gelassen, so verloren. Selbst mit Da. schreibe ich immer weniger, weil ich das Gefühl habe, dass ich ihm das nicht antun darf, dass es sowieso nichts bringt.

D. möchte am Montag versuchen mich dazu zu bringen mich nochmal um einen Therapieplatz zu bemühen. Er ist aber weit weg und deswegen können wir nur online miteinander sprechen. Ich werde also hier alleine sitzen. Er hat das schon mehrfach versucht, es ist jedes mal grandios schief gegangen. Einmal bin ich komplett zusammengebrochen, konnte ihm eine Stunde oder so nicht mehr antworten, obwohl er behutsam versucht hat mit mir zu sprechen, und habe mich nachdem wir aufgelegt hatten verletzt und mich stundenlang in den Schlaf geheult. Seitdem hat er es nur noch einmal versucht und auch da bin ich verstummt. Wenn wir reden, und nicht schreiben, dann legt sich in meinem Kopf ein Schalter um und alles in mir versucht, ohne dass ich es wirklich bemerke oder irgendetwas dagegen tun könnte, alle negativen Themen zu vermeiden, bloß nicht darüber sprechen zu müssen wie es mir geht oder dass er sich Sorgen macht o.ä.

Manchmal frage ich mich wozu ich überhaupt eine Therapie gemacht habe, wenn jetzt ja doch alles genauso mies ist wie vor vier Jahren, wie vor der Therapie, wie seit über 10 Jahren. Es wurde etwas besser und dann hat man mich einfach allein gelassen und damit alles wieder zerstört…

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